Kapazitätserhöhung im Lagerkeller – Stadtbrauerei Spalt ist fit für die Zukunft

Die Stadtbrauerei Spalt hat bei der Erweiterung ihrer Brauanlage 2017 auf die Firma Wellmann Engineering aus Halle/Westfalen gesetzt. In enger Zusammenarbeit wurde ein Konzept umgesetzt das alle Anforderungen der Brauerei erfüllte. Dabei galt es, die handwerkliche Herkunft und Tradition der Spalter Braukunst mit zukunftsweisender Technik zu verbinden.

Seit mehr als 450 Jahren pflegt die Stadtbrauerei Spalt traditionsreiche Braukunst. 1879 ging das Unternehmen in den Besitz der Spalter Bürger über und ist es bis heute. Damit ist sie inzwischen die letzte verbliebene städtische Brauerei Deutschlands. Nach kontinuierlichen Modernisierungen in den vergangenen Jahrzehnten entschloss sich die Stadt für den großen Wurf: Mit einer Großerweiterung wurde die Brauerei im vergangenen Jahr fit für die Zukunft gemacht. Es entstand ein in sich geschlossenes Gebäude neben dem vorhandenen Gär- und Lagerkeller. Die Tankkapazität wurde von bisher 7500-hl-Lagerkellervolumen auf 9500-hl-Brutto-Tankraum erhöht. Brautechnisch bestand die Herausforderung darin, die vorhandenen Anlagen in den Altgebäuden mit modernen zylindrokonischen Tanks zu kombinieren. Ein Projekt, das für Udo Weingart, Spalter Bürgermeister und damit Geschäftsführer der Brauerei, selbstverständlich Chefsache war. Die Aufgabe für Wellmann Engineering bestand darin, Bestandstechnik und neue Anlagen, darunter 25 zylindrokonische, kühlbare und isolierte Tanks verschiedener Größen verfahrenstechnisch miteinander zu verbinden.

Nicht weniger als 25 verschiedene Biersorten zählt die kleine kommunale Brauerei im Herzen des mittelfränkischen Hopfenlandes. Bisher standen den Braumeistern hierfür lediglich sechs Drucktanks zur Verfügung, was immer wieder zu Engpässen bei der Beschickung von Flaschen- und Keg-Füller führte. Bei der Erweiterung ging es also nicht nur darum, die Kapazitäten zu erhöhen, sondern auch die Flexibilität zu steigern, sodass verschiedene Sudgrößen mit kurzem Vorlauf umgesetzt und vorgehalten werden können. Weitere Rahmenbedingungen waren wirtschaftliche Anschaffungs- und Betriebskosten sowie das beengte Platzangebot am historisch gewachsenen Standort der Brauerei. Das Lastenheft sah den Ausgleich der Einstrahlungswärme sowie die Abführung der Nachgärwärme und die Abküblung des Tankinhaltes um ein Grad Kelvin pro Tag vor. Höchste Bedienerfreundlichkeit und Arbeitssicherheit waren obligatorisch.

 

Systemvergleich von vier Varianten
Vier Varianten von Kühl- und lsolierlösungen standen beim Bau des Kellers zur Diskussion. Die am einfachsten umzusetzende Variante A sah vor, dass die Tanks ohne Mantelkühlung in den isolierten Keller eingebracht werden, der mit einer Raumkühlung arbeitet. Niedrigen Kosten für Tanks und Rohrverlegung standen jedoch schlechte Übertragungsverhältnisse von der Kaltluft auf das zu kühlende Produkt und damit ein immenser Energieverbrauch im Betrieb gegenüber. Ebenso hätte es diese Variante nicht zugelassen, einzelne Tanks kontrolliert mit unterschiedlichen Temperaturen zu führen. Und schließlich hätte die erforderliche Raumtemperatur von minus einem Grad Celsius kein angenehmes Arbeitsklima für das Personal ergeben.

Als zwelte Variante standen isolierte Tanks mit Glykol-Mantelkühlung im isolierten Keller mit Raumtrocknung auf dem Tableau. Dies ermöglicht es, einzelne Tanks bei Nachgärung und Temperaturkontrolle individuell zu führen. Der berechnete Energiebedarf fiel etwa 15 Prozent niedriger im Vergleich zu Variante A aus. Aufgrund der in den Raum abstrahlenden Kälte der unisolierten Kühltaschen hätte diese Lösung allerdings eine Trocknung per Umluftkühlung erfordert, um Kondenswasser zu vermeiden. Weiterhin wäre der Keller mit plus einem Grad Celsius Raumtemperatur zu kalt, um auch als Gärtankraum zu fungieren.

Als vordergründig teuerste Lösung sah Variante C einen isolierten Keller vor, in den isolierte Tanks mit Mantelkühlung eingebracht werden. Beachtlichen Anschaffungskosten für Halle, Dämmung  und Tanks stand die höchste Energieeffizienz und Flexibilität bei Betrieb und Produktion gegenüber. Bei geringer Einstrahlung und gezielter Einzelsteuerung der Tanks lag der Energiebedarf circa 33 Prozent unter dem von Ausgangsvariante A. Mit einer Raumtemperatur von etwa plus 15 Grad Celsius bedeutete Variante C auch ein angenehmes Arbeitsklima für die Brauereimitarbeiter.

Als vierte Variante standen Outdoortanks zur Debatte. Auf der Pro-Seite fielen die gute variable Einzelsteuerung der Behälter sowie ein Viertel niedrigere Energiekosten gegenüber Variante A ins Gewicht.

Ähnlich Variante C hätten die Outdoortanks hohe Anschaffungskosten für mantelgekühlte und isolierte Gefäße aufgeworfen. Da die Outdoortanks der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt gewesen wären, konnten sie jedoch bei der Energieeffizienz nicht mit Lösung C mithalten.

Weiteres Kontra-Argument: Auch wenn sich die Brauerei die Errichtung eines separaten Gebäudes gespart hätte, wären Outdoortanks mit aufwendigen Verrohrungen verbunden, die überdacht, abgedichtet und gedämmt werden müssen. Was aber bei den Entscheidern viel stärker wog, wäre der drastische Eingriff in das Spalter Stadtbild gewesen, den die Outdoortanks bedeutet hätten, sagt Braumeister Uwe Schulz: „Unsere Region ist vom Hopfenanbau geprägt, freistehende Tanks hätten einen optischen Bruch zur umgebenden Landschaft bedeutet. Das ist keine romantisierende Verklärung, sondern gelebte Regionakultur!“

 

Weitsichtige Entscheidung
Also fällte die Brauerei eine weitsichtige Entscheidung zugunsten der aufwendigsten, aber energieeffizientesten Variante C: isolierter Keller und isolierte Tanks mit Mantelkühlung. Unmittelbar neben dem vorhandenen Gär- u. Lagerkeller wurde ein weiteres in sich geschlossenes Betriebsgebäude errichtet, das sich mit seiner dezenten Farbgebung harmonisch in die umgebenden Hopfenfelder einfügt. Bei der Auswahl von Tankgrößen und Geometrien wählte man eine Zusammenstellung, die ein möglichst breites Anwendungsspektrum als Gär- und Lagertanks sowie als Drucktanks nach der Filtration ermöglicht. Aufgestellt wurden zehn Behälter mit 500 hl Volumen sowie acht Tanks mit 375 hl Fassungsvermögen und jeweils 2 barÜ Druckauslegung. Fünf weitere Tanks nehmen 250 hl sowie zwei weitere 125 hl bei jeweils 3 barÜ auf.

Die zweite Grundsatzentscheidung betraf die Verrohrung. Hier wurden drei verschiedene Möglichkeiten analysiert: Aufstellung eines zentralen Anschlusspaneels mit Anbindung der Tanks per Schlauch, alternativ hierzu die Komplettverrohrung des Tanklagers mit vollautomatischen Doppelsitzventilen. Die dritte Lösungsvariante sah den Aufbau eines Rohrzaunes mit Paneelanschlüssen vor. Die Möglichkeit, die Tanks über Schläuche anzuschließen, wurde rasch verworfen, da so keine reproduzierbaren Produkt- und Reinigungswege geschaffen werden konnten. Ebenfalls verworfen wurde die Doppelsitzvariante, da die relativ geringe Schalthäufigkeit im Betrieb die hohen Investitionskosten nicht gerechtfertigt hätte. Variante der Wahl war somit die Rohrzaunlösung mit Paneelanbindung der Tanks. Dabei wurde im Sinne der Übersichtlichkeit für die Bediener je ein Einzelpaneel pro Tank in den Rohrzaun eingebaut.

 

Hygiene und Ergonomie
Die Anbindung der Tanks erfolgt mit möglichst kurzen Ausläufen an dem neu erstellten Rohrzaun, der sämtliche Leitungen für Medienversorgung, Reinigung, Befüllung und Entleerung vereint. Ebenfalls konnte durch das bei den zylindrokonischen Tanks übliche Hefeabschießen sowie durch die Gelägerabführung in Zwischenbehälter die Abwassermenge reduziert werden. Die Geläger werden jetzt bei Bedarf definiert der Kläranlage zugeführt.

Selbstverständlich durften auch Sicherheit und Ergonomie bei der Bedienung der Anlage nicht zu kurz kommen. Nach dem Leitgedanken „form follows function“ ist jedem Tank ein Einzelpaneel zugeordnet, um eine klare Zuordnung der Tanks zu den Andockstellen im Rohrzaun zu schaffen. Die Anschlussstellen der Paneele sind, so weit möglich, in guter Bedienhöhe angeordnet und ergonomisch günstig, ebenfalls in Griffhöhe, die Probenahmeventile. Im Sinne eines Hygenic Designs wurde bei der Gesamtgestaltung auf kurze Probenahmeleitungen, zerlegbare Blindmuttern und schwenkbare Konusspitzen, sowie zusätzlich abschraubbare Tankausläufe, die eine einfache Inspektion des Tankinnenraums ermöglichen, gesetzt. Passend zum Gesamtkonzept wurde eine 2-Behälter-CIP-Anlage mit zwei Stapeltanks für Säure und Lauge und der Möglichkeit zur Inline-Dosage für Desinfektion installiert, die in sich vollautomatisch konzipiert ist und die bisherige verlorene Reinigung der Lagertanks ablöst. Die Anwahl der Reinigungswege bleibt dabei in der Verantwortung der Brauer. Klar definierte Reinigungskreise für Tanks und Entleerleitungen, bei denen die einzelnen Wege wiederum über Koppeltechnik auf den Paneelen gestellt werden, runden das Bild ab. Weitere Aufgabenstellung innerhalb des Projektes war die Anbindung des neuen Kellers an die vorhandenen Abteilungen. Baulich wurde dies durch einen Verbindungsgang zwischen Alt- und Neubau gelöst. Durch ihn erfolgt sowohl die Versorgung der neuen Abteilung mit sämtlichen benötigten Medien, sowie mit Würze und Bier aus dem Altbestand. Auch die Mitarbeiter können so trockenen Fußes und auf schnellstem Weg in den Neubau gelangen. Dreh- und Angelpunkt zur Anbindung des neuen Kellers ist das sogenannte Zentralpaneel, an dem sämtliche Manipulationen getätigt werden, um die zylindrokonischen Tanks zu befüllen und zu entleeren. „Mit dem Zentralpaneel im alten Gärkeller haben wir eine übersichtliche Möglichkeit geschaffen, Alt- und Neubau miteinander zu kombinieren“, sagt Schulz.

 

Mittelständischer Partner mit hoher Agilität
Mit Wellmann Engineering mit Hauptsitz in Halle/Westfalen und Niederlassung in Burgthann bei Nürnberg konnte ein Anlagenbauer gefunden werden, der mit seinem mittelständischen Charakter und seinen kurzen Entscheidungswegen sehr gut zur Spalter Brauerei passt. Inhaber und Geschäftsführer Gerhard Wellmann betont: „Sonderwünsche können bei unserer Unternehmensstruktur jederzeit in ein Projekt einfließen.“ Der Leistungsumfang umfasste Planung, Montage und Inbetriebnahme der Brauereitechnik inklusive der Automation. Die vom vorhandenen Kältenetz unabhängige Versorgung der glykolgekühlten Tanks wird durch die neu aufgestellte Frigotrol-Kälteanlage gewährleistet, die Verrohrung des Kältenetzes erfolgte ebenfalls durch Wellmann Engineering.

Vor allem mit der möglichen Dreifachnutzung der einzelnen Tanks als Gär-, Lager- oder Druckbehälter gewinnt die Stadtbrauerei enorm an Flexibilität. Insbesondere mit der Drucktank-Nutzung der neuen Tanks ist nun eine optimale Auslastung von Flaschenfüller, Keg-Abfüllung, Dosenfüller und während der Festsaison für die Containerabfüllung gegeben. Auch für kleine Chargen kreativer Craft Biere stehen jetzt adäquate Kapazitäten zur Verfügung. Hierfür wurde in den beiden kleinen zylindrokonischen Tanks eine Hopfengabeleitung zur Kalthopfung und so zur kreativen Biergestaltung vorgesehen. „Mit den neu geschaffenen Kapazitäten und dem genau auf unsere Brauerei zugeschnittenen Gesamtkonzept sind wir für zukünftige Herausforderungen eines immer dynamischeren Marktes gut aufgestellt“, freut sich Schulz. Dabei denkt er insbesondere an die immer größer werdende Sortenvielfalt oder die steigende Anzahl von Saisonbieren, die eine immer größere Flexibilität bei der Bierherstellung erforderlich macht. Aber auch in Sachen Dokumentation von Produktion und Reinigung sowie Rückverfolgbarkeit bei der Herstellung ist somit vorgesorgt.